Im Chor der Basilique Saint-Seurin von Bordeaux steht ein spätgotischer Bischofssitz, eine sogenannte Kathedra. Das Meisterwerk, das wohl vom Anfang des 15. Jahrhunderts stammt, ist eine der wenigen aus dieser Zeit in Frankreich erhaltenen Kathedren.
Das gotische Südportal zur Basilika entstand im 13. Jahrhundert.
Ein eher überraschendes Zierelement zeichnet das Portal des Nordquerschiffes der Onze-Lieve-Vrouw-over-de-Dijlekerk im belgischen Mechelen aus. Ein gewöhnlicher Tudorbogen fasst die Doppeltüren des Portals ein. Auch sein äusserstes Profil folgt zuerst dem vorgegebenen Weg, aber kurz vor dem Bogenscheitel verlässt es diesen, schwingt sich in die Höhe, vor die Balustrade aus durchbrochenem Masswerk, um schliesslich einen eleganten, leicht spitzen glockenförmigen Bogen zu bilden, welcher von einer Kreuzblume gekrönt wird.
Diese Glockenform ist ein wiederkehrendes Motiv in der Dekoration des Portals. Im Masswerk der Balustrade findet es sich unzählige Male, stehend und liegend. Etwas abgewandelt und wieder mit einer krönenden Kreuzblume findet es sich auch über den beiden Türöffnungen – dieses Mal in der vor allem in Flandern häufig verwendeten Form der sogenannten "Brabantine bell", der "brabantischen Glocke"1. Eigentlich ist die "brabantische Glocke" ein Kielbogen, dessen Spitze um zwei zusätzliche seitliche Spitzen bereichert wurden.
Sehr häufig von der niederländischen Architekten- und Baumeisterdynastie Keldermans verwendet, wurde die "brabantische Glocke" zu so etwas wie ihrem Markenzeichen. So ist es auch keine Überraschung, dass ein Mitglied der Familie am Bau der Kirche beteiligt war. Im Stil der brabantinischen Gotik gehalten, wurde sie am Ende des 14. Jahrhunderts begonnen und wurde erst im 17. Jahrhundert vollendet. Das Portal des nördlichen Querschiffes dürfte im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts entstanden sein und wird Rombout II. Keldermans zugeschrieben. Das ziemlich verwitterte Portal wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts stark restauriert. Die Statuen in den zwei seitlichen Nischen sind nach dem Krieg entstanden.
Unter den spätgotischen Kirchen und Palais von Mechelen – auf Französisch Malines – finden sich zwei andere wichtige Werke der Keldermans, welche aber beide unvollendet blieben: der beeindruckende Turm der Kathedrale Sint-Rombouts und das Paleis van de Grote Raad, welches Rombout II. im Auftrag von Margarete von Österreich (1480-1530) errichtete. Margarete, die Regentin der Niederlande für die Habsburger, war auch die Auftraggeberin des berühmten Monastère royale von Brou bei Lyon, welches sie für ihren geliebten und früh verstorbenen Ehemann Philibert II. von Savoyen, seine Mutter und sich selber errichten liess. Mit ihren unglaublich fein gearbeiteten Grabmälern gehört es zu den Höhepunkten der niederländisch beeinflussten Spätgotik. Dort finden sich Motive, welche dem Glockenbogen der Dijlekerk ähneln.